Seit es die Abgeltungsteuer gibt, ist es mit den Kapitalerträgen viel einfacher geworden, oder? Mitnichten! Den Steuersatz von 25 % kennt mittlerweile zwar jeder Kapitalanleger, die Feinheiten der seit 2009 geltenden Änderungen beschäftigen aber bis heute eine ganze Menge Beamte: vom Sachbearbeiter im Finanzamt bis zum Richter am Bundesfinanzhof (BFH) bzw. Bundesverfassungsgericht. Denn insbesondere bei komplizierten Finanztransaktionen ist die Auslegung des Gesetzes für die Praxis alles andere als trivial.
Das zeigt erneut ein Streitfall, der vor dem Finanzgericht Thüringen (FG) verhandelt wurde: Ein Professor hatte an der Börse einen Totalverlust aus fremdfinanzierten Optionsgeschäften erlitten. Trotz seines Versuchs, die Optionen noch mit der Order „bestens“ zu veräußern, hatte sich kein Käufer gefunden. Die Optionen verfielen.
Das steuerrechtliche Problem dabei war, dass daraufhin keine Abrechnung der Bank erfolgte. Ohne eine solche Abrechnung gibt es aber keine Steuerbescheinigung. Und ohne Steuerbescheinigung kann der Verlust nicht geltend gemacht werden, da es an einem anerkannten Nachweis fehlt. Daher erkannte das Finanzamt den sachlichen Zusammenhang zwischen dem Kauf und dem Verkauf der Aktienoptionen nicht an.
Zum Glück des Professors war das FG praktischer veranlagt. Nach Auffassung der Richter war der erforderliche sachliche Zusammenhang eindeutig gegeben. Auch ohne Abrechnung und Steuerbescheinigung musste der Verlust aufgrund der vorgelegten Alternativnachweise der Bank berücksichtigt werden. Der Auffassung des Professors, dass die Begrenzung der Werbungskosten verfassungswidrig ist, konnte sich das FG jedoch nicht anschließen.
Hinweis: Durch die Abgeltungsteuer müssen Kapitaleinkünfte nicht mehr in der Einkommensteuererklärung erfasst werden. Dennoch sollten Sie uns - in Anbetracht diverser laufender Gerichtsverfahren - über Ihre Kapitaleinkünfte auf dem Laufenden halten. Im Zweifel können wir Ihren Bescheid bis zu einer Klärung durch den BFH offenhalten. |