Während der reguläre Einkommensteuertarif mit steigendem Einkommen auf bis zu 45 % klettert, beträgt der Abgeltungsteuersatz auf Kapitalerträge konstant 25 %. Dieses Steuersatzgefälle kann günstige Effekte haben, wenn beispielsweise zwei Personen ein Darlehensverhältnis zum Kauf eines Vermietungsobjekts begründen: Der Darlehensnehmer als Vermieter der Immobilie kann die gezahlten Schuldzinsen als Werbungskosten im Vermietungsbereich abziehen und so seine dem regulären Steuersatz unterliegenden Einkünfte mindern. Der Darlehensgeber muss die erhaltenen Zinszahlungen nur mit 25 % versteuern.
Der günstige Abgeltungsteuersatz darf allerdings nicht in Anspruch genommen werden, wenn
• Gläubiger und Schuldner einander nahestehende Personen sind,
• ein zu mindestens 10 % an einer Kapitalgesellschaft beteiligter Anteilseigner Erträge aus Kapitalüberlassungen von dieser Gesellschaft bezieht. Das gilt auch, wenn der Gläubiger der Kapitalerträge eine dem Anteilseigner nahestehende Person ist.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat diese beiden Ausschlussregelungen in zwei Grundsatzurteilen erheblich eingeschränkt. Im ersten Fall hat er die Besteuerung mit dem 25%igen Steuersatz einem Steuerzahler zuerkannt, der seiner Frau und seinen beiden Kindern ein Darlehen für den Erwerb eines Vermietungsobjekts gewährt hatte.
Im zweiten Fall hatte eine Großmutter einer GmbH ein festverzinsliches Darlehen gewährt, an der ihre beiden Enkel (zu je 36 %) und ihre Tochter (zu 28 %) beteiligt waren. Während das Finanzamt meinte, sie müsse die erhaltenen Zinsen mit ihrem (höheren) persönlichen Steuersatz versteuern, sprach der BFH ihr den günstigen Steuertarif zu. Nur weil Gläubiger und Anteilseigner aus derselben Familie stammen, müssen sie keine „einander nahestehenden Personen“ im Sinne der Ausschlussregelung sein. Der BFH geht von einem solchen Näheverhältnis nur aus, wenn
• eine beteiligte Person auf die andere einen beherrschenden Einfluss ausüben kann,
• dieser Einfluss durch einen Dritten auf beide Beteiligte ausgeübt werden kann,
• eine der Personen bei der Vereinbarung der Bedingungen der Geschäftsbeziehungen imstande ist, einen Einfluss auf die andere Person auszuüben, der außerhalb dieser Geschäftsbeziehung liegt, oder
• eine der Personen ein eigenes wirtschaftliches Interesse daran hat, dass die andere Person Einkünfte erzielt.
All diese Varianten sah der BFH in beiden Fällen nicht als gegeben an. Bloße Verwandschaftsbeziehungen führen also nicht zum Ausschluss des 25%igen Steuersatzes auf Kapitalerträge.
Hinweis: Nahen Angehörigen öffnet sich durch die Entscheidungen des BFH neuer Spielraum, um bei Darlehensverhältnissen innerhalb der Familie vom 25%igen Steuersatz zu profitieren. Zu beachten ist aber, dass Konditionen des Darlehens stets unter fremdüblichen Bedingungen vereinbart sein sollten. |