Ärzte, die ihren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung ermitteln, dürfen gewinnmindernde Investitionsabzugsbeträge bilden, sofern ihr Jahresgewinn nicht höher als 100.000 € (ohne Investitionsabzugsbetrag) ist. Durch die Bildung solcher Abzugsbeträge lässt sich die steuermindernde Wirkung einer betrieblichen Investition vorverlegen, indem bereits vor dem Kauf bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten des Wirtschaftsguts gewinnmindernd verbucht werden.
Vor der Unternehmenssteuerreform 2008 gab es ähnliche Abzugsregeln unter dem Begriff „Ansparabschreibung“. Sowohl Investitionsabzugsbeträge als auch Ansparabschreibungen müssen bzw. mussten aber gewinnerhöhend wieder aufgelöst werden, wenn das Wirtschaftsgut nicht innerhalb von drei bzw. zwei Jahren nach Bildung des Abzugspostens angeschafft worden ist.
Freiberufler können die 100.000-€-Grenze durch die gewinnerhöhende Auflösung einer alten Ansparabschreibung überschreiten, so dass ihnen kein Investitionsabzugsbetrag zusteht. Zu diesem Ergebnis ist der Bundesfinanzhof (BFH) in einem neuen Urteil gekommen.
Im Urteilsfall hatte ein selbständiger Arzt 2008 einen Gewinn in Höhe von 86.304 € erzielt. Aufgrund der unterbliebenen Anschaffung von Wirtschaftsgütern musste er im selben Jahr jedoch eine Ansparabschreibung aus dem Jahr 2006 in Höhe von 89.450 € (zuzüglich Zinszuschlag von 10.734 €) auflösen, so dass sich sein steuerlicher Gewinn auf 186.488 € belief. Der Mediziner war der Ansicht, dass bei der Prüfung der 100.000-€-Grenze nur der Gewinn ohne Ansparabschreibung herangezogen werden darf und er daher einen Investitionsabzugsbetrag bilden kann. Das Finanzamt hatte dies jedoch abgelehnt und argumentiert, dass nach dem Wortlaut des Einkommensteuergesetzes nur Investitionsabzugsbeträge aus der 100.000-€-Grenze herauszurechnen sind, nicht aber Ansparabschreibungen.
Der BFH hat dem Finanzamt Recht gegeben. Sowohl die gewinnerhöhende Auflösung als auch die gewinnerhöhende Verzinsung von Ansparabschreibungen müssen in die Grenzbetragsberechnung einfließen. Der Arzt hatte die 100.000-€-Grenze folglich überschritten und durfte keinen Investitionsabzugsbetrag mehr bilden.
Hinweis: In der Vorinstanz hatte das Finanzgericht noch entschieden, dass die 100.000-€-Grenze nur den realen wirtschaftlichen Gewinn des Unternehmens abbildet, so dass auch Gewinnauswirkungen infolge von alten Ansparabschreibungen außen vor bleiben müssen. Für diese Sichtweise fand der BFH jedoch keine gesetzliche Grundlage. |