Das Finanzgericht Münster (FG) hat entschieden, dass die Einnahmen eines Chefarztes aus der Privatliquidation der Lohnsteuerpflicht unterliegen können. Ein Chefarzt und damit leitender Abteilungsarzt in einem Krankenhaus rechnete für stationär erbrachte wahlärztliche Leistungen selbst ab. Daneben erhielt er vom Krankenhaus ein Gehalt. In seinem Dienstvertrag war Folgendes vereinbart: Er durfte ärztliche Leistungen im vollstationären, teilstationären, vor- und nachstationären Bereich bei Patienten, die eine persönliche Behandlung ausdrücklich gewählt und mit dem Krankenhaus vereinbart hatten, selbst abrechnen. Dabei sollte er das Risiko für den Umfang der Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen, die Höhe seiner Einnahmen aus dem Liquidationsrecht sowie den Eingang dieser Einnahmen (Forderungsausfallrisiko) tragen.
Darüber hinaus bestand gegenüber dem Krankenhausträger die Verpflichtung, ein Nutzungsentgelt zu zahlen. Zwischen dem Krankenhaus und dem Chefarzt bestand danach ein üblicher Vertrag mit Privatliquidationsrecht.
Nach Ansicht des Chefarztes war er gegenüber den Privatpatienten selbständig als Freiberufler tätig. Das FG ist dagegen der Auffassung, dass die Behandlung der Privatpatienten im Rahmen einer nichtselbständigen Tätigkeit erfolgte, und qualifizierte deshalb die Einnahmen als Arbeitslohn. Nach Auffassung des Gerichts trägt der Chefarzt weder ein Unternehmerrisiko noch entfaltet er Unternehmerinitiative. Daher scheidet eine selbständige freiberufliche Betätigung aus. Dass der Arzt das Risiko der Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen sowie das Forderungsausfallrisiko trug, reichte den Richtern für die Annahme eines Unternehmerrisikos nicht aus.
Hinweis: Für einen Chefarzt mit Privatliquidationsrecht hat das Urteil erhebliche steuerliche Konsequenzen. Seine gesamten Einnahmen unterliegen dem Lohnsteuerabzug. Die stationäre Behandlung stellt keine selbständige freiberufliche Betätigung mehr dar. Alle damit verbundenen steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten entfallen somit. Das FG hat die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen. Daher bleibt abzuwarten, wie das
oberste deutsche Finanzgericht in dieser Sache entscheiden wird. In einem ähnlichen Sachverhalt hatte der BFH bereits im Jahr 2005 eine nichtselbständige Tätigkeit angenommen. |