Beim ersten Lesen erscheint es unverständlich: Als Anleger muss man Scheinrenditen aus einem Schneeballsystem bereits bei fiktiver Buchung auf den Konten der Betrugsfirma als Kapitaleinnahmen versteuern. Fliegt der Betrug später auf, kann man die Totalverluste auf der Vermögensebene steuerlich aber gar nicht nutzen.
Erst wenn man den Betrug erkennt und die Betrugsfirma zahlungsunfähig wird - in der Regel also erst durch den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens -, muss man die Luftbuchungen auf den Firmenkonten nicht mehr als Kapitaleinnahmen erfassen.
Bis dahin führen Gutschriften bei Schneeballsystemen zu Kapitaleinnahmen, sofern der Anbieter auf Verlangen des Anlegers zur Auszahlungder gutgeschriebenen Renditen leistungsbereit und -fähig wäre. Hierbei ist es ohne Belang,
• ob die Erträge tatsächlich erwirtschaftet worden sind,
• wie das Kapital zum Aufbau oder Erhalt des Schneeballsystems verwendet wird und
• inwieweit dem Sparer das Kapital anderer getäuschter Anleger oder seine eigene Einlage als Scheinrendite ausgezahlt wird.
Und nun die gute Nachricht: Nach einem neuen Urteil des Finanzgerichts (FG) Köln müssen die Scheingewinne vorläufig nicht mehr versteuert werden. Da es innerhalb der Rechtsprechung umstritten ist, ob Gutschriften im Rahmen von Schneeballsystemen zu steuerpflichtigen Einnahmen führen, haben die Richter entsprechende Steuerbescheide bis auf weiteres vom Vollzug ausgenommen. Ganz ähnlich - und ebenfalls ent entgegen der Sichtweise des Bundesfinanzhofs - hatten auch das FG Saarland und das FG Düsseldorf entschieden, dass ein Anlagebetrüger kein leistungswilliger und -fähiger Schuldner ist, die Besteuerung der Scheingewinne daher abgelehnt und die angefochtenen Bescheide von der Vollziehung ausgesetzt. |