Gerät ein Unternehmen in finanzielle Nöte, beteiligen sich dessen Gläubiger häufig mit einem Forderungsverzicht an der Rettung. Die regulären steuerlichen Folgen dieser Maßnahme würden die Sanierungsbemühungen allerdings schnell untergraben: Beim notleidenden Unternehmen entsteht durch den Schuldenerlass ein Gewinn (Erhöhung des Betriebsvermögens), der grundsätzlich der Besteuerung unterliegt. Damit ein Steuerzugriff die Sanierung nicht belastet oder zunichtemacht, dürfen diese Gewinne nach dem Sanierungserlass des Bundesfinanzministeriums (BMF) in bestimmten Fällen aus sachlichen Billigkeitsgründen unbesteuert bleiben. Der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat den Sanierungserlass nun als unrechtmäßig eingestuft. Der BFH verweist darauf, dass der Gesetzgeber die gesetzlich verankerte Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne schon 1997 abgeschafft hat. Die Finanzverwaltung war nicht dazu berechtigt, diese Gewinne fortan aufgrund einer eigenen Entscheidung von der Besteuerung auszunehmen. Der BFH sieht in diesem „Alleingang“ einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Indem das BMF typisierende Regelungen für einen Steuererlass geschaffen hat, nimmt es laut BFH eine strukturelle Gesetzeskorrektur vor und verletzt damit das verfassungsrechtlich normierte Legalitätsprinzip. Hinweis: Diese Grundsatzentscheidung führt nicht dazu, dass Billigkeitsmaßnahmen jetzt generell unzulässig sind. Ein Steuererlass auf Sanierungsgewinne aufgrund persönlicher Billigkeitsgründe bleibt trotz des Richterspruchs möglich. Wenig erfolgversprechend erscheint nun aber, eine aus dem Sanierungserlass folgende Steuerbegünstigung über eine finanzgerichtliche Klage durchzusetzen. |